Hallo Ihr Lieben,

Wo soll man anfangen, wo aufhören bei dieser Dressurgala der Superlative? Nun, ich habe beschlossen, Euch als „Horsd’œuvre“ als erstes die Fakten zu präsentieren. Das, was man als Minimum braucht, um mitreden zu können und was in allen Zeitungen zu lesen ist für den Pragmatiker, der nicht mehr als 2 Minuten investieren will, um dann zu den nächsten Information überzugehen…. Wer möchte, darf sich dann auf den Hauptgang, ein opulentes Mahl aus bunten, lecker zubereiteten Zutaten und Geschmacksexplosionen auf der Zunge, mit leisen Untertönen freuen. Als Nachtisch reiche ich eine Komposition aus exotischen Früchten an einem cremigen Gorgonzola-Minze-Schäumchen, dazu eine leicht moussierenden Beerenauslese… ähm, nein, sorry, natürlich eine Komposition aus den wichtigsten Gedanken zu der Veranstaltung, die bei mir ein mindestens so gutes Bauchgefühl hinterließ, wie beschriebener Nachtisch…
Also , hier „das Wichtigste“ in Kürze:
Die Dressurgala vom 9. bis 13. September 2015, fand auf dem Peterhof in Perl-Sinz im westlichen Saarland, an der Grenze zu Luxemburg statt. Das Gastgeber-Ehepaar, Frau Arlette Jasper-Kohl und Professor Edwin Kohl hatten sich Einiges einfallen lassen… In 5 Tagen wurden 21 Prüfungen (4 Prüfungen CDI4****, 4 CDI2**, 4 CDI-YH) durchgeführt . Die Teilnehmer und 10000 Gäste durften sich außerdem auf 900.000 Euro Etat, 125.000 Euro Preisgelder, 25 Nationen, Qualifikation für Olympia 2016, Nürnberger Burgpokal, Louisdor-Preis, Station MEGGLE Champions of honour freuen…
Und wie war´s dann so?

Das Ganze wurde – wie sollte es bei so einer Planung sein? – natürlich ein voller Erfolg! Keine Katastrophen wie Unfälle, Unwetter, verdorbenes Essen oder gar ein Frack, der nicht richtig saß störten die nahezu perfekte Veranstaltung. Schon bei der Anfahrt hatte Isabell Werth gestanden: „Ich habe drei ziemlich turbulente Wochen hinter mir und als ich jetzt zum Peterhof gefahren bin, habe ich mich ‚abgemeldet’ mit den Worten: ‚Tschüß, ich fahre in Urlaub’. So ist das hier für uns Reiter.“
Begeisterung von allen Seiten, Freude und Motivation blieben zurück… Idealer hätte es wohl kaum laufen können. Trotzdem blieb Arlette Jasper-Kohl selbstkritisch: „Es hat alles ganz toll funktioniert, aber wir sind am Rande unserer Kapazität angekommen. Wir hatten in diesem Jahr sehr viele Prüfungen und sehr viele Nennungen. Für das nächste Mal wäre ein bisschen kleiner noch optimaler.“

Welche Reiter hatten die Nase vorn?
Natürlich hatten sich alle Reiter mit ihrem ganzen Herzblut auf diese Veranstaltung vorbereitet und sind teilweise mehrere 1000 Kilometer angereist, um teilnehmen zu können. Jeder Reiter hatte sicherlich im Kontext seiner Geschichte, seiner Entwicklung und seinen Bedingungen, unter denen er trainieren konnte, das Beste gegeben.
Auf dem Peterhof waren „die Erfolgreichsten“ von Ihnen, allen voran natürlich Ihre Majestät, „Königin“ Isabell Werth aus Rheinberg am Niederrhein, vertreten. Die Rekord-Weltmeisterin gewann mit dem erst 9jährigen Emilio die Qualifikation des Grand Prix Spezial vor Fabienne Lütkemeier auf d`Agostino und Hubertus Schmidt auf Imperio. Ebenso gewann sie den Grand Prix Spezial vor Hubertus Schmidt und Spencer Wilton (Großbritannien). Den dritten Sieg erlang sie in der Kür. In der Qualifikation ging sie mit dem Don Johnson, allen bekannt als das „Weltmeister“-Pferd, an den Start. Den zweiten Platz belegte Sönke Rothenberger auf Cosmo und Patrick Kittel auf Delaunay aus Schweden. Am Samstagabend in der Hauptprüfung blieb die Platzierung der ersten 3 Plätze bestehen…

Auch Dorothee Schneider, die Ausbilderin des gastgebenden Stalles, triumphierte auf ganzer Linie.Bei den 6jährigen Pferden gewann sie mit dem 2-fachen Weltmeister Sezuan die Einlauf- und die Finalprüfung. Mit First Romance gewann sie bei den 5-Jährigen am Mittwoch und Donnerstag. Fackeltanz OLD verhalf ihr bei den Prüfungen für 8-10-Jährige sowohl bei der Qualifikation als auch bei der Hauptprüfung des Loisdor-Preis zum Sieg und mit Delilah Royal belegte sie den 5. und 4. Platz.
Bei der Olympia-Qualifikation (erstmalig in Perl-Sinz!) für nächstes Jahr in Rio setzte sich am Freitag im Duell der Mannschaften Japan gegen Südafrika durch. Einzelstartplätze konnten sich Tanya Semour (4. Platz) aus Südafrika und Dongseon Kim (8. Platz) aus Südkorea bei der CDI-Prüfung sichern.
Eine kleine Sensation war der jüngste Teilnehmer, der erst 1994 geborene Sönke Rothenberger. Tatsächlich schaffte er es in seinem ersten „richtigen“ Grand Prix mit seinem auch recht jungen, erst achtjährigen KWPN-Wallach Cosmo v. Van Gogh-Landjonker mit 77,140 Prozent knapp hinter Werth, die es auf 77,240 Prozentpunkte brachte, auf den zweiten Platz (s.o.)…
So, hier enden meine Vorspeise… wenn Euch die Häppchen genügt haben und Ihr schon satt seid, dürft Ihr Euch natürlich verabschieden! Wenn Ihr noch Lust auf Emotionen, Farben und Geschichten habt, dürft Ihr gerne noch zum „Hauptgang“ und „Nachtisch“ bleiben…
Meine Impressionen vom „schönsten Turnier der Welt“
Anfahrt und erste Eindrücke
Gerade hatte ich mich von der netten Dame, der ich dann und wann ein wenig bei ihrem Umgang mit den Pferden helfe, eine Spur zu schnell verabschiedet, als ich mich schon auf flotter Fahrt zum Peterhof wiederfand. Ein kurzer Kampf der Outfits war noch vorausgegangen… Was trägt man zu so einem Ereignis? „Sekundär“, werdet Ihr sagen. Aber an diesen fünf Tagen ist auf den Peterhof noch mehr Eleganz und anspruchsvolle Ästhetik angesagt wie normalerweise schon. Will man da in Jeans und T-Shirt erscheinen? Ein bisschen Mühe für das Äußere schien mir da doch das Mindeste.

Also, Nessy, was hat dein Kleiderschrank zu bieten? Mein Mann stand im Türrahmen und beobachtet das Spektakel: „Nimm Deine Louis Vuitton! Heute passt sie´mal! Und Marken-Klamotten! Nur Qualität!HV Polo Jacke, LaMartina Bluse, Pikeurhose im Polostil? Ab er schließlich wollte, durfte und konnte ich heute leider nicht reiten… Oder Bouclé-Blazer mit Chanel-Kette? Bestimmt würden einige Damen diese Looks wählen! Aber Nessy? Nun ja, das Ergebnis seht ihr auf den Bildern. Wenden wir uns nun wirklich wichtigeren Dingen zu!
Als ich durch das Tor schritt, sah ich linker Hand die internationalen Fahnen wehen, Vorboten der Internationalität, die uns erwarten würde. Überall wachten Sicherheitsleute, damit sich niemand unabsichtlich oder absichtlich verlaufen konnte. Das war aber auch wirklich das einzige, was das Wohlfühlambiente für mich an diesem wunderschönen Tag ein klitzekleines bisschen einschränkte… Aber ich sehe natürlich ein, dass das bei dieser Anlage und 10000 Gästen sein muß. Und wahrscheinlich müssen diese Menschen auch von berufswegen ein wenig so schauen, als wäre man gerade im Begriff, das beste Pferd, Sezuan womöglich, zu entführen. Mindestens.

Als nächstes kam der Eingang zum VIP-Zelt, mit rotem Teppich… Nirgends lag auch nur ein Staubkorn auf dem Boden. Mein Instinkt trieb mich weiter. Und tatsächlich, durch die wunderschönen, blitzsauberen Stallungen führte ein Weg direkt an dem gepflegten Dressurviereck vorbei, wo die Gala schon begonnen hatte.
Die Bänke am Rand schienen eigens für uns aufgestellt zu sein… Von hier aus hatte man einen wirklich ganz vorzüglichen Blick auf die Geschehnisse und konnte auch ganz gut fotografieren. Bewegte Bilder waren schließlich nicht ganz einfach, vor allem auch, wenn es später dunkel werden würde…
Obwohl, um es vorwegzunehmen, zu späterer Stunde meine schöne Spiegelreflex-Kamera, eigens für dieses Ereignis liebevoll präpariert, irgendwann tatsächlich den Geist aufgab. Sie war halt schon ein wenig in die Jahre gekommen, die Gute und konnte so einen Dauer-Marathon an Bild-Geknipse nicht mehr so gut ab…
Die Gala Show
Die Gala-Show war schon in vollsten Gange. Gerade sah ich ein Pferd, dass sich zudeckte. Das hatte ich doch schon irgendwo einmal gesehen? Hm… Rosi Hochegger! Tasächlich! Sie hatte die Arbeit mit Hunden und Pferden von Kindesbeinen an von ihrem Vater, Toni Hochegger, gelernt und perfektioniert. Ihre Hilfengebung ist so subtil, dass sie selbst für den Fachmann nicht immer im Detail auszumachen ist… Während sie vordergründig mit ihrem lustigen Apfelschimmel „Scout“ schimpft, wird von der Seite unauffällig ein Leckerli ins Maul geschoben und feine Gesten mit der Hand und der Dressurgerte bereiten schon den nächsten Trick vor… Einfach nur genial! Leider neigte sich Ihre Show schon dem Ende zu, sodass ich diese sympathische,talentierte Frau nur noch zum Schluß erleben konnte!
Als nächstes kam ein nicht sehr kräftig scheinender, eher schlacksiger Mann, der Franzose Pierre Fleury, dessen Faszination, ähnlich wie bei Rosi, darin liegt, dass er mit den Pferden praktisch spielerisch kommuniziert und damit verblüfftes Staunen auslöst… wenn auch auf eine ganz andere Art. Bis zu 6 Pferde folgten ihm an diesem Tag wie von Zauberhand, während er auf 2 von ihnen stand und mit der ganzen Herde sogar über ein etwas breiteres Hindernis sprang.
Mit ihrer Akrobatik feierten die Ukrainian Cossacks, die als nächstes kamen, schon in ganz Europa Erfolge. Dabei handelt es sich um einen Trupp von traditionell kostümierten Reitern, die Stunts auf, am, über, neben und unter dem Pferd – und das alles in vollem Tempo – zeigen. Diese Vorführung war wirklich atemberaubend! Immer schneller rasten die Pferd, immer waghalsiger wurden die Stunts. Dachte ich am Anfang noch, dass wir als Kinder beim Voltigieren ja ähnliches geleistet hatten – Also Nessy! – mußte ich meine Meinung doch bald revidieren. Spätestens dann, als sie in einer Pferde-Menschen-Pyramide durch die „Manege“ galoppierten…
Verleihung des Goldenen Reitabzeichens
Danach kam es, für uns unverhofft und in den Programmen nicht angekündigt, zu einem emotionalen Ereignis der besonderen Art… Ich hatte Euch ja schon bei der Dressurgala im Juli von Frau Ulrike Lautemann und ihrem neunen Dreamteam am Dressurhimmel, Madita Zurheide und Sir Oliver erzählt…

Nun ritt eben dieses Paar ein, um eine ganz besondere Ehre zu empfangen – die Verleihung des Goldenen Reitabzeichen! Keine geringere als ihre Mentorin Ulrike Lautemann hielt die Laudatio in diesem wahrlich festlichen Rahmen. Es war bewegend, als man sah, wie die Tränen flossen… Madita ist erst 24 Jahre alt – und man braucht immerhin 10 Siege der Klasse S, um mit dieser Ehre ausgezeichnet zu werden. Der Werdegang mit dem Wechsel an den Dressurstall des Reiterbundes in Saarbrücken zur weiteren, beruflichen Ausbildung, die zuerst nicht ganz leichte Zusammenarbeit mit Sir Oliver , erste Erfolge auch in den schweren Klassen im Dressursport waren Themen, die Lautemann zur Sprache brachte, bevor die Medaille verliehen wurde und sich die beiden herzlich umarmten…
Eine schöne Abwechslung im Programm, die den Anwesenden zeigte, wieviel Arbeit schon „von Kindesbeinen an“ hinter den hier gezeigten Erfolgen der Weltspitze steckt! Es wird sicherlich nicht mehr lange dauern, bis diese außerordentlich begabten „Jungspunde“ wie Madita Zurheide oder auch Sönke Rothenberger eine Isabell Werth vom Thron schubsen! Einen kleiner „Rüttler“ gab es ja schon bei der später an diesem Abend stattfindenden FEI Grand Prix Kür, bei der Werth nur sehr kapp vor Rothenberger siegen sollte…
Weiter mit der Gala Show
Zurück zum Geschehen. Nach dieser ergreifenden Szenerie wurde es heiß auf dem Reitplatz. Die 2 Mädels der Feuerakrobatik-Gruppe “ pq“ verzichteten zur Abwechslung einmal auf die Vierbeiner… Trotzdem schaute das Publikum gebannt zu, wie immer mehr Flammen durch die Luft wirbelten und zauberhafte Muster in der langsam einsetzenden Dämmerung malten…
Für die Freunde der Traditionen gaben sich dann die Jagdhornbläser der Rallye Trompes Moselle Sarre nicht zum ersten Male ein Stell-Dich-Ein und unterhielten mit zünftiger Musik und vom Himmel schwebten, der Symbolik gerecht werdend, 3 Fallschirmspringer …
Impressionen vom „Drumherum“
Ich war kurz „für kleine Blog-Reporterinnen“, in Erwartung, dass es noch etwas dauern würde, bis der nächste Programmpunkt, die FEI Grand Prix Kür, beginnen würde. Dabei stieß ich auf eine kleine Zelt-Stadt mit liebevoll dargebotenen Waren aus der Pferdebranche. Ich mag diese Ausstellungen, die zeigen, was es so Neues gibt in der Pferdewelt wie Futter, Einstreu, Pflegemittel, Reitanlagen-Bau, auch wenn mir unwillkürlich der Gedanke kam, dass sich diese schönen Zelte sicherlich auch in den Auffanglagern der Flüchtlinge… Aber das gehört nicht hierher. Die Welt würde mit Sicherheit auch nicht besser, wenn man auf solche ästhetischen, schönen, friedlichen Veranstaltungen verzichten würde. Trotzdem finde ich es wichtig, alles auch in Beziehung zueinander zu sehen. Könnten wir das Schöne schätzen, wenn wir nicht wüssten, dass das, was wir hier auf dem Peterhof erleben dürfen, etwas ganz Besonderes ist?
Stände mit Verköstigungen und Getränken erstreckten sich bis hinter den Abreiteplatz. Wenn man den Reitern stundenlang bei einer der weltschönsten Beschäftigungen, natürlich dem REITEN auf edelsten Pferden in Erwartung der schwierigsten Prüfungen, zusieht, kann man irgendwann auch einmal hungrig werden…
So stand ich wenigstens eine Weile verzaubert da und beobachtete, wie die Reiter ihre Pferde aufwärmten und lockerten. Dabei erhielten manche Reiter mit headsets Anweisungen von ihrenTrainern, die unauffällig am Rand vor sich hinmurmelten. Unauffällig postierte ich mich hinter so eine Trainerin… Aber alles was ich hörte, war : „Hmm hmm jaaa, jaaa soooo, guuut, hmmm, hmmm…!“
Hmm… Komisch. So sah also die „geheime“ , „Weltspitzen-Qualitäts“ – Vorbereitung auf diese anspruchsvolle Prüfung aus? Aber bestimmt kam da noch was anderes – ich hatte ja nur relativ kurz zugehört – oder auch eben nicht! Wahrscheinlich war alles gesagt und es ging tatsächlich nur um die Beruhigung des Reiters – oder irgendwie … soetwas…
Andere Reiter absolvierten tatsächlich nur ein paar Runden im Schritt und leichten Trab, bevor sie sich zur Prüfung aufmachten…
Die FEI Grand Prix Kür
Derweil war diese schon im vollen Gange und meine Tochter hatte sich schon Sorgen gemacht, wo ich bleiben würde. Leicht verfroren suchte sie den versprochenen Kaffee in meinen Händen, den sie vorher bestellt hatte. Aber da war nur ein wirklich tolles Huföl mit Pinsel, welches ich aber zugegeben nicht wirklich zum Aufwärmen eignete. Obwohl -man könnte schon die Hände damit massieren… Aber kommen wir zu den wirklich interessanten Vorkommnissen!
Ein Reiter nach dem anderen zeigte anspruchsvolle Küren. Sogar Peter Altmeyer war gekommen und ließ sich diesen Augenschmaus nicht entgehen. Dabei war es sehr schön zu sehen, wie die ausgewählten Musikstücke passgenau zum Ablauf der Kür zusammengefügt waren und die Pferde teilweise wirklich absolut im Takt ihre Darbietungen von Passge/Piaffe über Serienwechsel und Traversalen bis hinzu Galopp-Piouretten absolvierten. Hier fielen uns besonders Veronique Henschen aus Luxemburg mit Fontalero ins Auge. Ihr Musikzusammenschnitt enthielt bekannte Titel wie z.B.“As long as you love me“ von den Back Street Boys und „wannabe“ von den Spice Girls, die wirklich passgenau zu den ausgewählten Elementen passten. Allerdings reichte es in der Platzierung schlußendlich „nur“ für Platz 11… Aber die Musik ist eben nur ein sehr kleiner Aspekt, auf den es ankommt…
Auch die doch sehr unterschiedlichen Reitstile der Reiter fließen nur zum kleineren Teil mit in die Bewertung ein. Sie hängen natürlich auch immer ein wenig von der Sensibilität des Pferdes ab… Waren bei manchen Reitern die Hilfen kaum zu sehen, schienen ander jeden Schritt „herausreiten“ zu müssen. So gab es „bewegunsstärkere“ und ruhigere Oberkörper, genauso verhielt es sich bei der Beinarbeit… Wobei bei den Pferden Bewegungsstärke ja gewollt ist, beim Reiter hingegen… Lassen wir das. Zu steif wäre ja auch schlecht! Jedenfalls gefiel mir die Zügelführung bei manchen Damen, allen voran natürlich bei der vielzitierten Isabell, besonders gut. Hatte man früher noch davon gesprochen, dass das Pferd sich vom Zügel die Unterstützung in der Größenordnung von bis zu 20 kg abholen „durfte“, hatte man bei ihr und Don Johnson das Gefühl, dass zwar eine federnde Spannung die Hand und das Pferdmaul mit maximal 1-2 kg verband, jedoch sicherlich kein Kraftakt stattfand.
Für die, die nicht so häufig mit der Reiterei in höheren Klassen zu tun haben, habe ich hier noch einmal kurz die Kriterien zusammengestellt, auf die es in der Realität ankommt: Ausschlaggbend für die Bewertung ist vor allem die gezeigte Durchlässigkeit und „innere und äußere Losgelassenheit„, verbunden mit einer „fleißigen, freudigen Einstellung des Pferdes“ und die daraus resultierenden, „durch den ganzen Körper schwingenden Bewegungen„. Die Hinterbeine müssen gut untertreten und abfußen, die Richter möchten Aufrichtung und einen erhabenen, kandenzierten Bewegungsablauf sehen. Dabei ist die Kadenz ein Maß, wie weit ein Pferd bei seiner Bewegung die Hufe vom Boden löst. Der Galopp soll gut unter- und durchgesprungen werden und dadurch eine Bergauftendenz zeigen. Alles in allem möchte man auf der einen Seite raumgreifende, taktreine Bewegungen, auf der anderen eine guten Versammlungsbereitschaft und das Pferd stets „fein an den Hilfen stehend…“.
Natürlich müssen auch die Lektionen sauber und korrekt geritten sein und der Gesamteindruck stimmen. Das gewünschte Bild kann natürlich nur entstehen, wenn auch die optischen Voraussetzungen gegeben sind.Die Mähne muss natürlich korrekt eingeflochten sein und dann vielleicht sogar in Schnecken-Form eingenäht, damit die Halsung noch mehr zur Geltung kommt. Das ist ein Punkt, den man relativ leicht erfüllen kann. Auch ein tipi topi schickes Pferde-Outfit, bei Damen gerne mit etwas Glitzi und bitte ohne Werbung ist eine leichte, wenn nicht sogar ganz nette Sache. Anderes kann man nicht so leicht erreichen, z.B. den Körperbau beeinflussen. Dass das Pferd ein korrektes Gebäude vorweisen sollte, versteht jeder. Dressurpferde sind oft etwas kompakter gebaut. Ein schlaksiger Blüter tut es sich etwas schwerer, sich korrekt zu versammeln. Außerdem sitzt man doch besser, wenn das Pferd nicht zu spitz im Rücken ist. Sicher kann man mit ausgeklügeltem Futter und ebensolchem Training eine gewisse Verbesserung erreichen. Aber dem sind eben doch natürliche Grenzen gesetzt. Auch den nächsten Punkt kann man nur beim Kauf beeinflussen: Die Farbe! Mir hatte einmal beim Pferdekauf jemand gesagt: Mit einem Schecken musst du gar nicht ins Viereck reiten! Schade, eigentlich… Aber auch wenn es alle weit von sich weisen werden: Rappen und Dunkelbraune sind seit Totilas gefragt wie nie…
Aber zurück zum Viereck:: Da wir uns im Handy-Zeitalter befinden, gab es eine App, bei der das Publikum mit bewerten durfte. Ich fand es erstaunlich, dass das Publikumsurteil eigentlich immer recht nah an der Richter-Bewertung lag. Das spricht sowohl für das Publikum, als auch für die Richter… Ich bewertete anfangs immer einen Tick zu überschwänglich, wie es eben meiner Natur entspricht, fand mich dann aber auch recht schnell in die Modalitäten ein…
Impressionen aus dem VIP-Zelt
VIP-Zelt- und Terrasse
In der Pause nahm ich dann das VIP-Zelt und die Terrasse etwas genauer unter die Lupe. Natürlich fanden sich dort auch viele der ausländischen Reiter wieder, die sich in dem ausgesprochen edlem Ambiente sichtlich pudelwohl fühlten. Im VIP Zelt traf ich auf geschmackvolle, gediegene Eleganz, beleuchtet von wunderschönen Kron- und Kerzenleuchtern. Sogar kleine Bäume hatte man aufgestellt, um das Wohlfühl-Ambiente zu komplettieren. Auch die Peterhof-eigene Kollektion fügte sich mit ihren guten Materialen und gedeckten, eleganten Farbtönen perfekt ein.
Für den zweiten Teil der Kür blieben wir auf der Terrasse, da wir sowieso in Bälde gehen mussten – um Punkt Mitternacht (oder sogar schon etwas vorher) würden sich die beiden Müßiggänger wieder in eine ganz normale Mama-Ärztin, die gerne reitet, einen kleinen Blog betreibt und deren Sohnemann zuhause wartet – und eine Medizinstudentin, die lernen muss, weil sie bald Prüfungen hat, verwandeln… weit weg von jenem Glanz, der eigentlich nur im Märchen in dieser Stimmigkeit vorkommt!
Preisverleihung der Kür
Natürlich brachte unsere Queen of horsebacks, Isabell Werth auch diesen ersten Preis nach Hause, allerdings, wie schon erwähnt, dicht gefolgt von Sönke Rothenberger. Die ganze Liste mit den Ergebnissen gibt es hier. Die Siegerehrung muss toll gewesen sein. Wenn ich richtig gesehen habe, war der erste Preis, neben den Euronen ein – „Chefsessel-Thron“, passend für die Königin und zwei edle Lampen, wahrscheinlich für die weitere Erleuchtung auf allen Wegen… Klasse!

Der Nachtisch: Die wichtigsten Gedanken zu der Veranstaltung
Eine der Hauptanliegen war in diesem Jahr das partnerschaftliche Miteinander zwischen Reiter und Pferd. Erstmalig war auch ein Preis für diejenigen ausgeschrieben, bei denen dieser Teilaspekt am besten ersichtlich war. Dazu flossen drei der ausgeschriebenen Prüfung in die Wertung ein. Der “ Meggle Champion of Honour – Dressage in Harmony’“ wurde Christoph Koschel…

Aber auch bei einem anderen bestand kein Zweifel an solch´ einer partnerschaftlichen Beziehung. Er stand mit seinem Pferd vor der Siegerehrung ganz entspannt etwas abseits vor dem Viereck und ließ seinem Cosmo nach (gut) getaner Arbeit eine Massage am Mähnenkamm zugutekommen. An der Stelle, an denen sich auch Pferde gegenseitig am liebsten kraulen… Der 20 jährige Söhnke Rothenberger, der der Weltmeisterin Werth (s.o.) heute tatsächlich ein wenig Angst machen konnte, war nach seinem Ritt sichtlich entspannt und zufrieden und ließ das auch sein Pferd spüren. Wie Partner eben, die sich aufeinander verlassen können. Schon sehr weise in jeder Hinsicht, dieser „Junge“. Diese Veranstaltung hat aber auch gezeigt, wie nicht nur Reiter und Pferd, sondern auch die Generationen sich gegenseitig respektieren und gegenseitig von sich lernen. Und worauf es ankommt bei einer modernen, erfolreichen Reiterei: Auf innere und äußere Schönheit, auf Fairness und Partnerschaft, damit Großes möglich wird! Nachwuchssorgen an verantwortungsbewußten Reitern gibt es wohl nicht: Die Welt konnte sich mit Blick auf Söhnke, Madita und Fabienne ,.. davon überzeugen! Dem gegenüber sehen wir Spitzenausbilder mit Herz- und Verstand wie Schneider, Lautemann und Theodorescu… und die ganzen anderen die sich täglich dafür einsetzen, dass ein gewalt – und dopingfreier frischer Wind durch unsere Ställe weht und Erhabenheit, aber auch Herzlichkeit und Toleranz die Freude am Reitsport erhält!

Toll! Man merkt wie viel Herzblut und Hingabe in diesen Artikel eingeflossen sind. Mir gefällt Deine emotionale und trotzdem differenzierte Berichterstattung , die mir nochmal vor Augen geführt hat, worauf es im Reitsport wirklich ankommt!
Vielen Dank:D
Liebe Nessy!
Obwohl ich mich mit Pferden und beim Reiten leider gar nicht auskenne – sehr bedauerlich -, habe ich das ganze „Menü“ bis zum Nachtisch in vollen Zügen genossen! Das muss ja eine wirklich tolle Veranstaltung gewesen sein. Gerade wenn man eine Leidenschaft für eine Sportart hat, sind solche Events immer etwas ganz besonderes. Mitreden kann ich leider nur bei den Fotos, die wunderschön geworden sind, und natürlich bei Deinem Outfit. Und da kann ich nur sagen: Mission erfüllt! Du hast todchic ausgesehen, ein perfekter Nessy-Look!!! Besonders das Burburry Cape ist ein toller Hingucker.
Alles Liebe,
Nadine
http://nadinecd.blogspot.co.at
Hallo Nadine, danke Dir für Deinen lieben, intelligenten Kommentar! Ich finde toll, wie Du Dich wirklich mit den Artikeln befasst und die Intentionen auf den Punkt bringst! Übrigens: Reiten ist eine tolle Sache. Man ist der Natur nah und hat mit einem absolut ehrlichen Wesen zu tun… Man lässt sich vom Pferd tragen und die Muskeln müssen in erster Linie nur ausgleichend und stabilisierend wirken. Danach ist der Kopf frei und der Körper fit! Aber das nur nebenbei… Eine wunderschöne Woche wünsch´ich Dir und allen, die das lesen, Nessy