Hallo Ihr Lieben,
heute stelle ich Euch einen Fall aus der Praxis einer guten Freundin vor, der vor allem Müttern, die über eine Adoption nachdenken, Mut machen soll…
Über diesen Fall habe ich mich lange mit meiner Freundin unterhalten und er hat mich schließlich dazu bewegt, Euch meine Eindrücke zu schildern.
Die Frau, die das Sprechzimmer betrat, hatte einen asymmetrischen Haarschnitt, diverse Piercings über das Gesicht verteilt und begrüßte meine Freundin mit den Worten: “ Mache se´s weg! I wills nit!.“ Dabei krabbelte ein ca 1 jähriger Junge mit diversen Creme-Pröbchen aus dem Wartezimmer unter ihrem Anorak hervor und machte sich sogleich auf die Suche nach weiteren nutzbaren Dingen aus dem Behandlungszimmer. Die Mami schien es nicht zu stören, dass ihr Jüngster auf dem Fußboden herumkrabbelte und gerade den Abfalleimer einer genaueren Untersuchung unterzog… Meine Gynäkologen-Freundin, die wußte, dass die Eimer frisch geliefert in schickem Vanillegelb noch keinen Abfall gesehen hatten, auch nicht. Trotzdem konnte sie sich einer diskreten Bemerkung: „Die Abfalleimer scheinen aber eine magische Anziehungskraft auf Ihren Sohn auszuüben“ nicht verkneifen, bevor sie zur offiziellen Begrüßung überging: „Aber es freut mich natürlich, wenn das Mobiliar Ihrem Sohn so gut gefällt. Zuerst einmal wünsche ich Ihnen einen Guten Tag! Sie sind ja nicht wegen der Eimer hier, also ich gehe recht in der Annahme, dass Sie schwanger sind und Ihr Kind nicht behalten möchten? “ Gleichzeitig schob sie dem Jungen seinen Beißring, der auf dem Tisch lag, in Tintenfischform zu.

„Nee, dr Vadder von dem Balg in mir kenn ich net sicher, und bei dem do – sie zeigte auf den tintenfischkauenden süßen blonden Fratz – wes ich des a net wirklich.“
„Ok, das ist natürlich alles ein wenig ungünstig, aber mein Vorschlag wäre, wir schauen einmal, wie alt das Kind ist und wie es ihm geht….“
„Och, net alt, die Sach ist grod mol vier Wuche net kumm…“
Als O., meine Freundin, den Schallkopf vorsichtig einführte, konnte sie aber nur noch den Kopf und einen kleinen Teil des Körpers sehen…. Schnell baute sie die Ultraschallanlage um , damit sie vom Bauch aus schallen konnte und – siehe da – ein munteres Mädel schwamm im Fruchtwasser umher. Das Alter schätzte O. auf die mindestens zwanzigste Woche!
„Also, Sie sind schon ein wenig weiter und für eine Abtreibung ist es ziemlich spät. Das tut mir ja sehr leid, aber es wäre besser, wenn wir uns eine andere Alternativen überlegen…“
Die gepiercte Dame schluckte und ließ nur mit Widerwillen die Abstriche durchführen.
Später im Besprechungszimmer kullerten dicke Tränen über ihr Gesicht und zogen breite Kajalstreifen mit nach unten. Sie tat O. leid, aber an den Fakten konnte sie leider nichts mehr ändern. „Wissen Sie, es gibt ja viele Möglichkeiten…“

„Jo, mich umbringe…“
„Nein, schauen Sie Ihr liebes Spätzchen an, ist es nicht lebens- und liebenswert? Es gibt sehr viele soziale Einrichtungen, die helfen können, auch finanziell. Wenn sie das Kind aber wirklich nicht wollen, können Sie es auch zur Adoption freigeben, es gibt so viele Frauen, die sich sehnlichst ein Kind wünschen… Wenn Sie Hilfe möchten, kann ich Ihnen gerne…“
In dem Moment stand die weinende junge Frau auf und verließ fluchtartig mit den Worten „ich muß kotze …. “ das Zimmer.
Da sich O. im Moment nicht weiter zu helfen wußte, entschied sie sich zusammen mit der Patientin, den Sohn erst einmal zu einer Pflegefamilie zu geben und sich wegen ihrer, wie sich herausstellte, oft auftretenden starken Übelkeit stationär einzuweisen zu lassen, damit sie mit Medikamenten, speziellen Infusionen und Gesprächen erst einmal ein wenig aufgebaut werden konnte. Letztendlich ging die Sache doch noch gut aus. Im Krankenhaus konnten viele Dinge geregelt werden, auch die nicht ganz unkomplizierte Schwangerschaft wurde stabilisiert. Der Vater fand sich doch noch. Wie sich herausstellte, war er der Erzeuger beider Kinder, aber er hatte anfangs auch an dem „neuen“ Kind kaum Interesse, da er auf dem Bau arbeitetete und wie er versicherte, auch noch anderweitig sehr beschäftigt sei. Jedenfalls kam es im Laufe der Zeit doch zu häufigeren Besuchen auch des Jungen. Nach einiger Zeit entstand der Eindruck, dass er ihn sogar lieb gewann und wann immer er tatsächlich Zeit fand, kümmerte er sich um ihn. So wuchs da eine kleine Familie heran, die sich gegeseitig doch ein wenig Halt gab und mit Unterstützung des Jugendamtes zusammen in eine kleine Wohnung zog. Bis kurz vor der Geburt war noch nicht geklärt, was mit dem Mädchen passieren sollte, da gerade die junge Frau ständig zwischen „Behalten“ und „zur Adoption freigeben“ schwankte. Aber obwohl O. normalerweise nicht als Psychologin fungierte, besuchte sie ihre Patientin öfters und half ihr, sich im Dschungel von Informationen im Internet etc. zurechtzufinden. Letztendlich kam es tatsächlich dazu, dass das kleine Mädchen dank großem Engangement vieler Helfer (Jugendamt, Verwandte, Freunde…) bei der Familie zuhause einzog und entgegen vieler Prognosen tatsächlich viel Sonne in die kleine Familie brachte. Die Mami fand eine Arbeit – für alle ein wenig überraschend – beim Sozialamt und konnt ihre kleine „Sonja“ sogar des öfteren zur Arbeit mitnehmen und ihr Partner fand sich immer besser in die Rolle als Familienvater ein…. niemand hatte anfangs mit so einem positiven Ausgang der Geschichte gerechnet. Nur die Familie, die Sonja anfangs adoptieren wollte, war natürlich doch sehr enttäuscht. Aber sogar in dieser Richtung kam es wenig später zu einem positiven Ausgang…

Liebe Mamis und Papis, natürlich gibt es bei solchen Werdegängen sehr viele verschiedene Möglichkeiten und leider auch negative Entwicklungen. Wichtig ist aber, dass man den Mut nicht verliert. Sogar wenn keine zufriedenstellende Lösung für alle gefunden wird, ist in manchen Fällen ein unvorhergesehener Ausgang vielleicht sogar besser und öffnet Türen, die ganz neue Möglichkeiten bieten. Glück hat viele Facetten und ich wünsche Ihnen allen, die Sie mit dieser Problematik in irgendeiner Art verbunden sind, eine gute Lösung und eine glückliche Zeit in Ihrem Leben – ob mit oder ohne Kind!
Infos über Eizelheiten zur Adoption gibt es sehr viele , auch im Internet (z.B. www.adoption.de oder bei wikepedia).
Wichtig ist aber, sich wirklich über seine Gefühle und Beweggründe klarzuwerden und sich alle Möglichkeiten vor Augen zu halten. Hier sollte man unbedingt das Gespräch mit dafür geschulten Fachleuten suchen. Fragen Sie bei Ihrem Gynäkologen nach, er hat eine Reihe von Adressen mit persönlichen Ansprechpartnern. Besonders wichtig ist das auch, wenn eine Abtreibung im Raum steht!